Donnerstag, 4. November 2010

Indien - ein erstes Fazit...

... wobei die heilige Stadt Varanasi noch ansteht, die sicher nochmal ein Kapitel fuer sich Wert ist.

+ Hunde:
Es gibt unzaehlige Hunde in Indien, die herrenlos auf der Strasse leben und nach Essen suchen. Viele sehen sehr krank und zum Teil auch verstuemmelt aus. Die Reaktion auf Menschen laesst darauf schliessen, dass die Hunde oft schlecht behandelt werden.
In Agra sahen wir ein merkwuerdiges Schauspiel von zwei Hunden, die mit dem Hintern aneinander zu kleben schienen. Ob das ein uebler Scherz war oder die Hunde zu unentspannt im "Liebesrausch" waren, konnten wir nicht abschliessend klaeren.

+ Kuehe...
...sind heilig und stehen UEBERALL einfach rum, auch mitten auf der Strasse im dichten Verkehr und hinterlassen dicke Fladen. Da die Kuh heilig ist, darf sie quasi alles und wird niemals weggeschickt. Wer eine Kuh anfaehrt hat mit hohen Strafen zu rechnen.

+ Frauen...
...hingegen sind weniger Wert, wie eine Kuh und dienen nach dem hinduistischen Glauben dazu, den Haushalt zu fuehren und Kinder zu bekommen, am besten Soehne.
Es ist weit verbreitet (obwohl gesetzlich verboten), dass waehrend der Schwangerschaft das Geschlecht des Kindes geprueft wird und bei Missfallen kann abgetrieben werden. Niemand kontrolliert dieses Gesetz bzw. mit genug Geld kann man in Indien so gut wie alles machen. Frauen die sich das nicht leisten koennen, bekommen haeufig ihre 2. oder 3. Tochter und toeten das Baby direkt nach der Geburt. Das Abgeben in eine Babyklappe ist fuer viele ausgeschlossen, da man das eigene Kind so zu einem Kastenlosen macht, die unterste Stufe der Kastenhierarchie. Kastenlose muessen Latrinen leeren und den schmutzigen Job des Haeutens von verstorbenen Kuehen uebernehmen.
Der Grund fuer die Angst vor zuvielen Toechtern ist die Mitgift. Auch diese ist offiziell verboten, in laendlichen Gebieten jedoch noch ueblich. Bei der Hochzeit verlangt die Familie des Ehemanns immense Summe und Geschenke, die Familien auf Lebzeiten verschulden. Manche Eltern bringen sich vor lauter Verzweiflung auch selbst um.

+ Sati-Frauen...
...sind Frauen, die sich mit ihrem verstorbenen Ehemann verbrennen lassen. Dies ist ein Vorgehen aus frueheren Tagen, doch gibt es Geruechte, dass auf dem Land so etwas noch immer vorkommt. Manchmal sollen die Frauen diesen Entschluss nicht freiwillig gefasst haben.
Als Witwe bleibt der hinduistischen Frau ohnehin meist nichts anderes uebrig, als nach Vivandran zu gehen und in den Tempeln zu Krishna zu beten und auf das naechste Leben zu warten.

+ Tee aus Aschenbechern:
Ein lustiges Erlebnis hatten wir bei unserem Kamelausflug. Dort war die Gastfreundschaft der Menschen sehr gross und wir durften Tee aus Aschenbechern trinken, ein besonderer Genuss. (Fast so gut, wie die geraeucherten Cornflakes in Mumbai)

+ Potato-au-Gratong...
... ist eine Koestlichkeit, die wir in Agra entdeckt haben und etwas an Rechtschreibschwaeche leidet :-)

+ Zuneigung unter Maennern:
Eine fuer Europaer seltsame Sache ist das Haendchenhalten bei Maennern, als Zeichen der Freundschaft. Auch sonst sind sich Maenner koerperlich sehr nah. Die eigene Frau hingegen darf man nicht an die Hand nehmen, geschweigedenn kuessen. Auch Homosexualitaet ist mehr als verpoent (obwohl nicht mehr verboten).

+ Verrueckte...
... findet man, wie auch in Deutschland, haeufiger. So konnten wir einen Mann beobachten, der spaerlich bekleidet am Bahnhof auf die Gleise sprang, um sich dort mit den vorhandenen Wasserschlaeuchen zu reinigen oder zu taufen oder was auch immer. Dies machte er lautstark und etwa alle 10m wieder.
Ein anderer sprang nackt auf einer Verkehrsinsel auf und ab und erfreute sich an den Autos.
Ausserdem gibt es die sogenannten Sadhus, die auch irgendwie verrueckt sein muessen. Sie haben sich allem Weltlichen losgesagt und widmen sich ausschliessliche der Religion und Meditation. Diese heiligen Maenner machen seltsame Dinge, wie auf dem Kopf stehen, einen Arm in die Luft halten, auf einem Bein stehen oder sich mit zum Kopf einbuddeln lassen - ein Leben lang!!

+ Spucken...
... ist absolut erlaubt und ueblich. Die Inder spucken immer und ueberall, sogar im Zug. Haeufig kommt eine schoene, rote Masse hervor, die durch das Kauen von Bethel entsteht. Ensprechend sehen auch die Zaehne aus.

+ Starren:
Nach dem Spucken kommt auf der Verhaltensbeliebtheitsskala der Inder das Starren. Am liebsten starren sie penetrant weisse Touristen an und lassen sich auch durch zurueckstarren nicht irritieren. Was bei uns als unhoeflich gilt, scheint hier normal... auf Dauer etwas nervig! Wer sich dann traut ein Gespraech anzufangen, will oft ein Foto mit uns. Leider verstehen einige nicht, dass wir kein Hindi sprechen koennen.

+ Zuege:
Das Zugnetz in Indien ist sehr gut und Indian Railways der groesste Arbeitgeber weltweit. Leider sind die Zuege oft alt, dreckig und klappern ueberall. Ausserdem sind sie unglaublich langsam und Hupen fast ununterbrochen, was eine ruhige Nacht schwierig macht. In der 2nd Sleeper Class sind Pritsche uebereinander angeordnet.
Aber es gibt eine gute Versorgung durch Verkaeufer, die durch den ewig langen Zug rennen und "Chai" oder "Samosa" rufen. Sehr "praktisch" ist auch, dass man Schuhsohlen und Reissverschluesse kaufen kann!?
Wir haben viele Nachtfahrten und viele Stunden insgesamt in indischen Zuegen verbracht und so viele Inder kennengelernt.. kein Wunder auf so engem Raum.

+ Busse...
... scheinen aus einem anderen Zeitalter zu stammen. Sie sind alt, rostig, kaputt und unbequem, dafuer aber sehr guenstig. Sitzt man ganz hinten, macht man bei jedem Hubbel Luftspruenge; faengt es an zu regnen stehen alle Fahrgaeste im Mittelgang, weil die Sitze nass werden. Fenster lassen sich manchmal gar nicht, meistens nur schlecht schliessen und klappern ununterbrochen. Bei laengeren Strecken und Nachtfahrten droehnen laute Hindifilme oder -musik durch den ganzen Bus. Die schlechte Verfassung des Fahrzeugs macht dem Fahrer uebrigens nichts aus, der gibt immer Vollgas. Unsere laengste Strecke war bisher von Delhi nach Kathmandu und dauerte 40 Stunden.

+ Taxis...
... scheint es ohne Ende zu geben, ausser man braucht dringend eins. Geht man ueber die Strasse, vor allem an Bahnhoefen oder mit Rucksack auf dem Ruecken, wird man sicher 20x gefragt, ob man ein Taxi braucht: "I make a cheap price". Die Preisfrage artet dann manchmal in einen Kampf aus, bei dem, auf Grund des in der Regel hohen Angebotes an Taxis, wir gewinnen.
Das diese sich dann wie Actionhelden durch den Verkehr schlaengeln sind wir schon gewohnt. Nur bei offenen Rikshas muss man auf seine Beine aufpassen!

+ Muell:
"Indien die groesste Muellhalde der Welt" war einmal unser Fazit und irgendwie bleiben die Bilder von Muell und Dreck ueberall und den Menschen und Tieren, die darin Essen suchen, stark haften.

+ Toiletten:
Genauso haften bleibt der staendige Klo- bzw. Uringeruch. Ob Mensch oder Tier, jeder macht sein Geschaeft, wie es im passt, auch mitten in der Grossstadt. An Bahnhoefen ist es besonders schlimm. Wie haben uns an die regulaeren Klos gehalten, aber auch die sind manchmal jenseits von Gut und Boese und haben oft keine Spuelung. Dafuer gibt es aber einen kleinen Eimer. Zum Glueck handelt es sich meistens um Stehklos.

+ Armut...
... ist natuerlich extrem und bleibt der wesentliche Eindruck von Indien. Bettelnde Kinder, die wie Hunde am Bahnhof auf dem blanken Boden schlafen; entstellte, behinderte Menschen, die sich mit den Haenden ueber den Boden ziehen und extrem abgemagerte Menschen sieht man jeden Tag.
Aus dem Zug konnten wir haeufig die Slums sehen, wobei uns ganz Mumbai wie ein riesen Slum vorkam (abgesehen von den wenigen reichen Vierteln).
In Indien gibt es geschaetzt 60 Millionen Kinderarbeiter, die niemals zur Schule gehen koennen. Auch ein Grund fuer die hohe Analphabetenrate, was wir auch selbst oft bemerkt haben.

+ Hotels...
... sind meistens in Ordnung. Oft feucht und schimmelig, aber laengst nicht immer. Bettwaesche hingegen ist immer dreckig, sogar in teuren Hotels und in der Dusche gibt es kein warmes Wasser... man gewoehnt sich tatsaechlich auch daran.

+ Essen...
ist etwas eintoenig auf Dauer. Es gibt Reis mit verschiedenen, meist vegetarischen, extrem scharfen Beilagen in Sosse. Sehr ungewohnt gewuerzt, was unsere Maegen schon mal bemaengeln. In Jaipur wusste erst der 5. Taxifahrer was McDonalds ist.

Ich koennte jetzt noch was zu Behoerden, der Post oder dem Baden im Meer schreiben, aber das Wichtigste ist gesagt, sodass sich jeder einen Eindruck verschaffen kann, wie wir Indien erlebt haben.

3 Kommentare:

  1. Dazu fällt mir nur ein Wort ein:
    WAHNSINN !!!

    Vielen Dank für die ausführlichen Berichte.
    Ich hoffe es geht euch beiden gut und
    wünsche euch noch gaaanz viel Spaß.

    Liebe Grüße aus dem herbstlichen Herbstein
    Olli

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  2. Wow :) Beeindruckend, echt. Schön dass ihr so viele Eindrücke bekommt!

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  3. Ja, viele Eindruecke ist genau richig. Nicht alle sind positiv, aber alle erweitern den Horizont!!

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